Montag, 31. Dezember 2018

Zwischen den Jahren – Part four





Silvester.
& unsere Hunde leiden fürchterlich.
Aron, ansonsten unser aller Beschützer & Rüpelrüde, lässt sich nicht zum Gassigehen bringen & weigert sich sogar, in den Garten zu gehen.
Dushka hockt sich am Waldweg hin, windet sich aus der Leine & rennt zurück.
Gerade hat Aron in mein Zimmer gemacht. Nicht witzig, aber irgendwo muss er ja machen & ich bin nicht sauer & wische die Notdurft weg (zum Glück habe ich nur Kachelboden in meinem Zimmer…).

Morgen wird das noch mal fürchterlich sein, dann ist der Zauber vorbei & die Hunde werden spätestens übermorgen wieder entspannt sein.

Ich sehe das recht entspannt & bin kein harter Feuerwerksgegner, allerdings fände ich es angenehmer, wenn die Dinger wirklich alle um 0.00 Uhr gezündet werden. Ne halbe Stunde & dann Schicht wäre okay.
Ich glaube, damit könnten alle Haustiere leben. Der Stress wird vor allem durch die plötzlichen & unerwarteten Knaller ausgelöst.

Ich gestehe, meine Frau hat mich genötigt, wenigstens eine Fontäne zu kaufen. Ich war dagegen, aber ich finde, es kann auch nicht schaden, die bösen Geister zu vertreiben & die guten Geister einzuladen.
In diesem Sinne.
& nur eine Fontäne.



Meine Jahresrückblicke waren ja nicht gerade ermunternd, umso mehr habe ich mich heute gefreut, von Menschen zu lesen, für die 2018 durchaus erbauend & positiv war.

Alles in allem hat mich dieses Jahr nur müde gemacht.
Aber ich habe es (in dreieinhalb Stunden) überlebt & kann diesem Jahr dann endgültig meinen Mittelfinger & eine lange Nase zeigen.

Natürlich wird nächsten Jahr nicht alles besser.
Es ändert sich vorrangig nur das Datum, nicht die Umstände.
Trotzdem gehe ich positiv gestimmt ins neue Jahr.

& wünsche all meinen LeserInnen & FreundInnen das Beste für das kommende Jahr!
Einen guten Rutsch & ganz viel Freiheit & wenig Krankheit & ein gesichertes Leben & eine Zukunft!
Vor allem aber ganz viel Liebe!
Glaubt mir, das ist die Energie, die wir brauchen…

Sonntag, 30. Dezember 2018

Zwischen den Jahren – Part three





Ich trage jetzt übrigens öfters eine Gelbweste. Auch ohne Autopanne.
In den November- und Dezembernächten macht das bei der letzten Abendrunde bei uns auf dem Land Sinn, denn andere Gassi Gänger sehen uns und auch die rasenden Autofahrer können uns besser erkennen.
Ist einfach sicherer, auch wenn es beschissen aussieht.

Die Gelbwesten in Frankreich?
Ich bin skeptisch und zwiegespalten. Aber es ist (neben anderen Aspekten) eine soziale Bewegung, die viele Menschen mobilisiert und auch schon viel erreicht hat. Ich bleibe wachsam, denke, dass diese Bewegung sich totläuft aber ich bin mir sicher, dass das eine rein französische Bewegung ist.

Die Gelbwesten in Dland?
Einfach nur peinlich.
Vergesst es!


In meinen Notizen zwischen den Jahren lasse ich jetzt mal alle anderen rein politischen Sachen raus.
Es ist dunkel, der Tunnel ist lang und es droht, noch dunkler und kälter zu werden.
Aber am Ende des Tunnels kommt das Licht. Vielleicht noch nicht im nächsten Jahr, aber irgendwann.
Es sei denn, der Tunnel ist eine Sackgasse…
Dann ist eh egal…
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Wichtiger Vorsatz für 2019:
Ich werde niemals mehr in einem Restaurant essen gehen!

Gestern waren wir auf der Geburtstagsfeier einer guten Freundin in Herford. Sie hatte uns und ihre anderen FreundInnen und ihre Familie zu einem Essen in ein Restaurant eingeladen.
Das Restaurant war stylisch toll, die Atmosphäre stimmte, die Geburtstagsrunde war völlig okay und das Essen war erstklassig.
Eigentlich alles super, nur ich stand völlig unter Stress, war genervt und danach völlig fertig.

Ich kann mittlerweile wieder viele Sachen essen, aber manchmal bleibt mir etwas im Schlund stecken und ich muss es hochwürgen. Manchmal habe ich Aspirationsanfälle und muss dann das Essen ausspucken. Durch die Lähmungen in meinem Unterkiefer sabbere ich und es läuft einiges vom Essen daneben.
Zuhause ist das kein Problem, aber in der Öffentlichkeit ist es einfach unästhetisch und ich fühle mich beobachtet und will funktionieren und dann funktioniert nichts mehr.

Das fängt schon damit an, dass die Biergläser sich meinem kaputten Mund nicht anpassten und ich wahnsinnig viel daneben laufen ließ.
Nicht gerade appetitlich, genauso wenig, wie meine Tücher, die ich ständig vor meinen Mund halten muss.

Ich werde nicht mehr öffentlich essen!

Das erspare ich euch. Und vor allem mir!

Öffentlichkeit und Menschenansammlungen sind eh ein eher nerviges Thema für mich.
Meine Frau behauptet, es wäre nicht so schlimm. Aber ich fühle mich immer wie ein Aussätziger und leide. Ich bin eben sichtbar behindert oder anders. Und bemerke die Blicke, vor allem der Kinder - und das tut weh…
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Konzerte?
Da werde ich weniger beobachtet, das geht.
Mein Konzert des Jahres 2018:
Die Donots beim Zeltfestival in Bochum!
Es war ne geile Party und ging gut ab.
Da das mein einziges Konzert 2018 war fällt die Auswahl auch nicht schwer.

2019 will ich wieder mehrere Konzerte sehen.
Aber es ist schwierig: Wir brauchen immer eine Betreuung für die Schwiegermutter und ich kann nicht langfristig vorab sagen, ob ich körperlich in der Lage bin, ein Konzert zu überstehen.
Und mittlerweile sind große Konzerte auch immer eine Finanzfrage. Zwei Tickets (und ohne meine Frau will ich nicht!) kosten oft um die 200,-€.
Die können wir uns nicht einfach mal so leisten…
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Noch ne klare Entscheidung für das kommende Jahr und die Zukunft:
Lesungen mit mir wird es nicht mehr geben.

Das tut weh, aber es geht nicht anders.

Meine Artikulation ist einfach zu beschissen und wird nicht besser werden.
Wenn FreundInnen sich bereit erklären, meine Texte zu lesen ist das okay und dann bin ich auch gerne dabei, aber ich selber werde höchstens ein paar Worte sagen und mich an der Gemeinsamkeit erfreuen.
Mehr geht nicht mehr.
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2018 war das Jahr in dem ich Schriftsteller auch Hausmann, Bauarbeiter, Müllmann, Installateur, Elektriker, Hausmeister, Laufbursche und letztendlich Gärtner wurde.
All die Sachen mehr oder weniger erfolgreich.
Das Gärtnern immerhin macht Spaß und ich freue mich auf das Frühjahr…
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Samstag, 29. Dezember 2018

Zwischen den Jahren – Part two





Verzweiflung. Mitgefühl. Hoffnung. Zittern. Schmerzen.
2018.

Meine Mutter ist 84 Jahre alt, hat drei Schlaganfälle überlebt und einen heftigen Diabetes. Ihr geht es gut und sie wird hervorragend von meiner Schwester und dem Pflegedienst versorgt.
Irgendwann werde ich Abschied nehmen müssen. Ich hoffe, sie schafft es vor mir.

Die Mutter meiner Frau wird 80 Jahre alt. Körperlich geht es weitestgehend gut aber Psychosen und Alzheimer sorgen dafür, dass sie keine Minute alleine sein kann. Deshalb sind Claudia und ich ins Münsterland zu ihr gezogen und übernehmen die Pflege und die Alltagsverrichtungen und eigentlich alles.
Wahrscheinlich wird Gisela uns alle überleben. Das ist okay.
Aber wer soll sie dann pflegen?


Unsere Väter sind schon lange tot.
Ich stelle mir manchmal vor, dass sie von einem Tresen auf uns hinab gucken & sich dann zuprosten & ein Bier exen.

Schöne Vorstellung…


2018.
Es erwischt unsere FreundInnen.
Die Einschläge kommen nicht nur näher, sie sind bei uns.


Ich will nicht dramatisieren, aber das war 2018:
-         Eine Freundin erkrankt an MS. Und es war eine Höllentour, bis sie endlich die Diagnose stellen konnten. Und es ist natürlich eine weitere Höllentour. Lebenslang.

-         Eine Freundin, die schon lange an Bipolarität leidet, dreht völlig durch. Beendet ihre Liebe und Freundschaften, landet in der Psychiatrie.
So formuliert hört sich das nach Mitschuld an, davon will ich aber nicht schreiben. Es ist die Krankheit, die Menschen verändern kann. Und da ist für mich nix beendet, sondern nur angeschlagen.
Und ihr Ehemann sieht es zum Glück auch so und steht zu ihr.

-         Ein guter Freund und hochgeschätzter Kollege bricht völlig zusammen.
Landet in der Psychiatrie. Im „Irrenhaus“, wie er es selber formuliert.
Bekommt die Diagnose Borderline und versucht sich damit ins Leben zurück zu kämpfen.
Die Poesie und seine große Liebe helfen ihm dabei.

-         Knochenbrüche, komplizierte Glaukom-OP, Kreislaufzusammenbrüche, … : In unserem Umkreis war Einiges, bei dem wir mitfühlten, wenn wir nicht gerade selber bis zum Hals in der Scheiße steckten.

-         Und dann war da Christine.
Und das Arschloch Krebs besuchte sie in seiner hässlichsten Form.
Unklarer Muttertumor, Metastasierung im ganzen Körper, no chance.
Und ein halbes Jahr unsägliches Leiden und Zerfallen.
Und Hilflosigkeit.

Zuerst gab es immer wieder Hoffnung. Und Christine kämpfte.
Aber es war aussichtslos.
Im Oktober war das Leiden beendet.

Sie hinterlässt zwei tolle Töchter, einen immer zu ihr stehenden Mann, dem sie das Ja-Wort während der Erkrankung gab, zwei Katzen und Dushka, eine bulgarische Hirtenhündin, um die sich nun Claudia und ich kümmern.

Und es tut wahnsinnig weh…


Manchmal denke ich, es wird Zeit, dass ich mich endlich mal vordrängele.
Ich wäre ja eh schon lange dran und ich kann nicht mehr Abschied nehmen, habe genug mitgelitten.
Die Schlange vor der Ausgabe der Krankheiten ist lang.
Hey! Lasst mich vor!


Ja.
Auch das war 2018.