Sonntag, 21. Juni 2015

Vorgarten fegen & Ein Tag im Leben des Hermann B.



Oh Mann!

Ich kenne wenig blödere Tätigkeiten, als den Vorgarten zu harken und zu fegen.
Hier in Ottenstein scheint das eine der Hauptbeschäftigungen der Leute zu sein.
Alles muss Blätter- und Schmutzfrei sein. Nach außen hin sauber. Die Beete unkrautbefreit und mit dem Zentimetermaß bepflanzt.
Am besten, dann noch mit einem Laubbläser arbeiten, ein Nachbar benutzt sein dämliches Teil täglich. Wenn er schon nicht gesehen wird, dann macht er sich wenigstens unüberhörbar nützlich. Wobei man über den Nutzen eigentlich nur den Kopf schütteln kann.
Und jetzt hat es mich auch erwischt: Ich fege den Weg zur Haustür, wohlwissend, dass es sonst die Schwiegermutter machen würde, die sich momentan nur unter Schmerzen bewegen kann.
Ich komme mir erbärmlich bei dieser spießigen und sinnfreien Tätigkeit vor. Aber was tut man nicht alles…

Überhaupt Vorgärten und Sein und Schein:
Jedes zweite Haus hat eine Gartenbank vor der Tür stehen.
Wahrscheinlich soll dies Gastfreundschaft symbolisieren und zum Hinsetzen einladen.
Vorsicht! Das ist nur ein Symbol! Ich glaube, diese Bänke wurden nie benutzt und in Wirklichkeit sind sie dafür auch nicht aufgestellt.
Die Gastfreundschaft existiert durch das Bild dieser Bank, nicht durch die Offenheit der Bewohner.

Ansonsten werden in Ottenstein alle Feiermöglichkeiten und Geselligkeiten ausgenutzt. Erster Mai (aber nicht als Tag der Arbeiter, die sind hier im Münsterland nicht so angesehen…), Vatertag (na klar), Generalprobe der Einweihung des Dorfparks, Einweihung des Dorfparks, Kirmes, Schützenfest, Feuerwehrfest, Erntedank undundund.
Es wird gelästert. Es wird gesoffen. Es wird sich präsentiert.
Es ist zum Kotzen.

Nach außen sind die Menschen sehr freundlich und höflich.
Ich mag das.
Aber es nutzt nichts, wenn ich von allen Ureinwohnern freundlich begrüßt werde und trotzdem weiß, dass hinter meinem Rücken gelästert wird. Ich fühle mich fremd, werde als Fremder wahrgenommen und will gar nicht in diese falsche Gemeinschaft integriert werden.
Bei meinen wenigen Gesprächen mit Nachbarn erfahre ich, dass der Eine über alle anderen ablästert. Ohne Ausnahme.

So.
Genug ausgekotzt.
Ich fühle mich generell wohl hier auf dem Dorf. Bin ja hier hingezogen mit dem Wunsch, meine Ruhe zu finden. Und da bin ich auf dem richtigen Weg.
Ich mag das Dorf, ich liebe die Felder und die Landschaft.
Täglich sehe ich, wie der Mais wächst. Ich stelle fest, dass die Mohnblüten nur morgens oder im Schatten in voller Blüte stehen, bei Sonnenschein schließen sich die Blütenkelche.
Und das Blau der Kornblumen kann ich nicht in Worte fassen.
Ich habe keine Ahnung, wann welches Getreide gepflanzt oder geerntet wird. Trotzdem betrachte ich die Felder, als wären sie ein Teil meines Lebens.
Auf den kleinen Landstraßen entdecke ich überfahrene Maulwürfe, auf den großen Landstraßen geplättete Hasen, Rebhühner und Fasanen.
Traurig. Aber auch ein Zeichen, dass es noch einige dieser Viecher geben muss…

Und dieser Horizont! Dieser Himmel! Diese Ruhe!
Schön…

Ich bin angekommen.
Und so langsam finden wir unseren Rhythmus, zumal Claudia jetzt eine befriedigende und korrekte Arbeitsstelle gefunden zu haben scheint (ich formuliere mal vorsichtig…).
Unsere Fürsorge für die Schwiegermutter nervt manchmal und kann anstrengen, aber wir ernten gesundheitliche Erfolge und viel Anerkennung und Liebe. Und Claudia braucht das und ich mag das. Scheiß auf die Begleiterscheinungen!

Ein Durchschnittstag von mir sieht zum Beispiel so aus:
8.30 Uhr:
Ich stehe auf. Begrüße Claudia, die sich voller Hektik zur Arbeit fertig macht und eine Umarmung braucht, ansonsten aber keine Störung. Ich nehme mir einen Kaffee, rauche den Tag an und verabschiede meine geliebte Frau.
Dann gucke ich, ob unten bei der Schwiegermutter alles in Ordnung ist.
9.45 Uhr:
Ein zweiter Kaffee, noch zwei Zigaretten, dann gehe ich mit dem Hund raus.
Aron rennt über die Felder und schnüffelt und ich genieße.
10.45 Uhr:
Ich frühstücke. Ein Brötchen – eine halbe Stunde mindestens.
Nahrungsaufnahme ist bei mir immer noch langwierig und anstrengend.
11.45 Uhr:
Haushalt, Hausarbeit, Kochen, all so ein Kram.
Dabei immer mal unten vorbeischauen.
Und natürlich im Compi nach Neuigkeiten surfen.
14.30 Uhr:
Warten auf Claudia. Gemeinsames Mittagessen. Entspannen (vor allem für sie…).
Dann den Verband der Schwiegermutter erneuern.
16.00 Uhr:
Erneuter Gang über die Felder. Mindestens fünfundvierzig Minuten.
Danach wenn nötig ein gemeinsamer Einkauf.
Und Kram.
Und vielleicht im Garten liegen.
19.00 Uhr:
Schreiben, Surfen, Compikram. Musik hören.
Der Abend wird eingeleutet. Ich gestehe, meistens besteht er aus der Glotze oder ich sitze an meinem Schreibkram während Claudia mit Freundinnen telefoniert.
22.45 Uhr
Eine kurze Runde mit Aron, eine Gute Nacht Zigarette und dann Ab Ins Bett.

Meine Tage sind erfüllt.
Schreiben, Lesen, Musik, …: Da kommt ja noch einiges hinzu.
Es ist okay.




Und dann wären da noch 6 musikalische Neuerscheinungen, über die ich schreiben möchte:

Franz Ferdinand & Sparks  
Wirtz  
James Taylor
Desaparecidos
Sun Kil Moon  
Konstantin Wecker

Und 6 Bücher, die ich gerade lese und über die was schreiben sollte:

Christoph Kleinhubbert: “alles auf einmal“
Lütfiye Güzel: „hey anti-roman“
Sven-Andre Dreyer: „Kleiner Vogel Tod“
Ralf Preusker: „privatsachen“
H.-P- Gansner: „superherz“
Roland Adelmann: „Bier im Frühstück Tschernobyl im Arsch“

Aber dieser/dieses Blog ist eh schon lang genug.
Vielleicht im Laufe der nächsten Woche.
Je nach Bock und Muße…









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