Dienstag, 29. Januar 2013

Misanthropie ist einfach nicht mein Ding



Misanthropie ist einfach nicht mein Ding


Natürlich wäre es völlig normal
angesichts der ganzen Arschlöcher
die einen täglich begegnen
zum Misanthropen zu werden

Trotzdem
Ich lasse mir meine Zuversicht nicht nehmen
Was bleibt mir anderes übrig

Und der Mensch erschuf Gott nach seinem Ebenbild
„und siehe
Er war gut!“
Oder so ähnlich –
aber ich bin da
anderer Ansicht

Noch bilde ich mir mein Weltbild nicht
aus dem Blöd-Fernsehen
Unschlagbare Texte großer Dichter
lassen mich an die Menschheit glauben
Manchmal sogar an so was wie Liebe
Musik erreicht mein Herz
und stimmt es gnädig

Menschen geben mir Wärme
Kinderlachen
Freundliche KassiererInnen
Freunde, Familie, meine Liebe
- all das ist geil

Von den anderen Menschen
möchte ich jetzt nicht schreiben
Die Hausmeister, Straßen-Sheriffs,
Möchtegernmoralhüter
All die verbitterten und verarschten RTL-Gucker
Ich möchte sie ignorieren
oder mit Liebe übergießen

Arschlöcher eben
Sie gehören zum Leben
Lösen Kettensägen- und Massaker-fantasien aus
Lassen mich zweifeln
aber nicht verzweifeln
- noch nicht

Ich weiß
es ist naiv und kindisch
Aber ich glaube immer noch
an Menschen und Menschlichkeit

Gönnt es mir:
meine Philantropie ist einer meiner Rettungsringe
und davon
kann ich nie genug haben







Montag, 28. Januar 2013

Mein Beitrag zu politisch korrekter Sprache



Ich finde, auch das muss mal gesagt werden, wenn es auch noch nicht überarbeitet und fertig ist:

Mein Beitrag zu politisch korrekter Sprache


Ich bin ein Krüppel
Ein Behinderter
Ich ficke gerne
und ich wichse manchmal

Flüchtlinge sind für mich Menschen
genau wie Fidschis, Zigeuner oder Neger
oder Deutsche oder
wie auch immer ich sie bezeichne

Meistens benutze ich sprachlich die männliche Form
schon alleine wegen Rhythmus und Lesbarkeit
und wenn sich irgendwelche Schnallen darüber aufregen
ist mir das scheißegal

Ich bin nicht politisch korrekt
und manche Feministen bezeichnen mich als Chauvi und Sexisten
und – ich gestehe –
manchmal bin ich stolz darauf

Ich bin ein Mann,
ein Schwanzträger,
ein alter Sack
Manchmal auch
ein Schleimer,
Charmeur oder
Gentleman
aber nur
wenn ich will

Ich benutze selten Worte wie Neger
sie sind eindeutig rassistisch besetzt
aber ich finde es besser
als von dunkelpigmentierten Menschen mit Migrationshintergrund zu sprechen
und ihnen dann von hinten in den Arsch zu treten
und ihre Abschiebung zu unterstützen
Ich gehe mal davon aus
dass in meinem Kontext klar wird
dass ich kein Rassist bin

Ich finde es besser
sexistische Witze zu machen
als Frauen klammheimlich zu verarschen und auszubeuten
und hoffe
mir gelingt ein gleichberechtigter Umgang
ohne Verkrampfungen
und Sprachverirrungen

In einer verweichlichten Sprache
kann man vielleicht geschickter lügen
und Schweinereien in unserer Gesellschaft überdecken
Im Gossenjargon
steckt aber mindestens genauso viel Poesie
und wesentlich mehr Aufrichtigkeit

Da verwette ich meinen faltigen Arsch drauf

Samstag, 26. Januar 2013

Reha-Ende



Jetzt sitze ich wieder an meinem Schreibtisch in Essen-Kray. Aus den Boxen klingen die Eels, ihr neues Album „Wonderful, Glorious“. Gut.
Und äußerst gut, wieder zu Hause zu sein.
Meine Frau meckert über meine Zigarette, leider hat sie Recht.


Ist zwar noch nicht alles gesackt, ich ziehe aber trotzdem mal ein Fazit meiner Reha:

Ich habe mit Sicherheit auch einige positive Sachen mitgenommen, eigentlich hat mich die Reha aber eher zurückgeworfen.

Ich wiege nur noch 49 Kilo. Das liegt nicht an dem schlechten Essen, das Essen war für eine Großküche sehr gut, sondern an der für mich erschlagenden Speisesaalstimmung und meinen eingeschränkten Möglichkeiten der Nahrungsaufnahme. Bei mir klappt das Essen eben am besten in meinen vertrauten vier Wänden.
Oder bei Menschen, bei denen ich mich sicher und behaglich fühle. Das war in der Reha nicht der Fall, konnte auch gar nicht der Fall sein.
Jetzt muss ich mich wieder aufpäppeln. Meine Frau Claudia hat damit schon gestern mit Feuereifer angefangen und ich bin mir sicher, sie schafft das.

Leider war ich über eine Woche durch eine fiese Erkältung ziemlich gehandikapt.
Damit gingen einige Sachen nur noch eingeschränkt.
Zum Beispiel hielt sich die Logopädin ziemlich zurück. Vielleicht bemerkte sie aber auch nur, dass da bei mir nicht mehr viel rauszuholen ist. Immerhin meine Kopf- und Kieferbeweglichkeit hat etwas zugenommen. Und ich habe mir Tipps zu einigen nützlichen Übungen geben lassen.
Manuelle Lymph-Drainage und Neck Dissection Gymnastik waren wohltuend, aber nicht unbedingt erforderlich und somit ohne großen positiven Effekt.
Und über meine Therapieresistenz bezüglich meiner Tabakinhalation habe ich ja schon berichtet…

Inhalation und Gradierwerk (ne Form der Sole-Inhalation in einem mittelalterlichen Salzwerk) taten auch gut. Ob ich das aber wirklich vermissen werde wage ich zu bezweifeln.

Generell fühle ich mich nach der Reha richtig krank. Wesentlich kränker als vor der Reha.
Dabei gab sich das gesamte Personal sehr viel Mühe. Aber bei einer Erkältung und den Spätfolgen einer sechs Jahre alten Krebs-OP kann man halt nix machen.
Dass ich mich krank fühle liegt auch daran, dass ich in einer Umgebung lauter kranker Menschen immer wieder auf meine Erkrankung und Behinderung zurückgeworfen wurde. Eine Sache, die ich nun wirklich nicht brauche.
Mir geht es besser, wenn ich diesen Scheiß so weit wie möglich ignoriere.

Und der Altersschnitt in der Klinik lag bei gefühlten 70 bis 80 Jahren. Das ist selbst für einen alten Sack wie mich zu alt. Wie mussten sich da die paar wirklich jungen Menschen fühlen!

Okay. Die Rentenversicherung ging davon aus, dass ich nach der Reha wieder arbeitsfähig wäre und meine Erwerbsminderungsrente wegfällt.
Davon bin ich weit entfernt und ich bin gespannt auf den ausführlichen Reha-Bericht und die folgende Entscheidung der Rentenversicherung.

Hört sich alles sehr negativ an. Aber so schlimm war die Einrichtung nicht.
Eben nicht das Wahre für mich.
Und vier Wochen eindeutig eine zu lange Zeit (ganz zu schweigen, vom falschen Zeitpunkt – wobei: Welcher Zeitpunkt wäre da schon richtig…).


Jetzt kommt also wieder der ganz normale Wahnsinn auf mich zu.
Massig Arbeit, Ideen, Pläne und Vorhaben bei der Schreiberei.
Und dann die neue Bad Religion (eben eine Bad Religion wie wir sie kennen – und damit geil), die neue Eels (ziemlich klasse, aber von Everett erwarte ich Meisterwerke) und demnächst die neue Nick Cave und die neue David Bowie.
Und dreimal (!) Kino: „Der Hobbit“, „Django unchained“,  und „Vergiss mein nicht“.

Und all meine Freunde.
Und ganz viel Liebe.
Ich freu mich tierisch drauf!


Ab morgen soll es tauen und regnen.
Mir egal.
Wenn ich meine Frau und meine Hündin anschaue scheint die Sonne.
Und wenn ich mich in unserem Heim bewege, dann wird mir warm.

Sonntag, 20. Januar 2013

Reha 8



Endspurt!

Donnerstag geht es dann also endlich nach Hause.
Mit dem Programm der Verlängerungswoche wird mir eindeutig bewusst, dass die Reha mir nichts bringt, aber egal, ich will jetzt nicht meckern.

Vielleicht bringt mir die Reha ja doch mal irgendwann irgendwas.
Aktuell hat sie mich eher etwas zurückgeworfen und ich werde wohl ein paar Tage brauchen, um mich von der Reha zu erholen.
Und dann werde ich sehen – und dann starte ich durch.

Ich rauche hier weniger als zu Hause. Insofern funktioniert das „rauchfrei“- Konzept des Gesundheitsministeriums:
Für eine Zigarette muss ich zwei Stockwerke runter, aus dem Haus und über den Innenhof in einen Raucherpavillon.
Und es ist bitterkalt.
Die Luft im Raucherpavillon ist zum Schneiden. Eklig kalter Rauch, der selbst mir fürchterlich stinkt.
Vier wacklige Stehtische, kalter Beton und überfüllte Aschenbecher.
Es macht einfach keinen Spaß.
Und das ist ja auch Sinn der Sache.

Ansonsten funktioniert das Nichtraucherprogramm nicht bei mir. Therapierestistenz. Ich rauche einfach zu gerne. Vielleicht irgendwann mal, aber noch ist das nicht der richtige Zeitpunkt für mich…
Auch wenn der Tabak schon wieder teurer geworden ist.

Mittlerweile sind von der ursprünglichen Tischgruppe nur noch zwei Menschen da. Eine Berlinerin und ich. Der Spaß hat deutlich nachgelassen. Und mit den drei Nachrückern (ein Ehepaar über 70 ohne spürbare Wärme füreinander und eine leicht verwirrte alte Dame, die einfach nur leidet) werden wir einfach nicht warm.
Okay, ich werde mit fast allen MitpatientInnen nicht besonders warm. Muss ich ja auch nicht. Ich habe meine Freunde und meine Liebe zuhause. Und da wird mir schon alleine beim Gedanken daran warm.

So viel zur Reha.


 „Wir müssen einfach mit dem Erschlagen und so loslegen“.
Johnny Depp in Tim Burtons „Alice“.
Da fällt mir die Niedersachsenwahl morgen ein. Fragt mich nicht, manchmal habe ich solche Assoziationen…
Warum ich Wahlen immer noch voller Spannung und Hoffnung verfolge weiß ich nicht. Nein. Ich weiß es wirklich nicht. Aber ich kann zumindest nicht mehr enttäuscht werden…


Enttäuscht haben mich in letzter Zeit zwei meiner Idole.
Ich fang mal mit Gerard Depardieu ein. Die gemütliche dicke Knollennase hat super Filme gedreht. Und ich mochte ihn in seinen Filmrollen. Fand es gut, dass er Weingüter und genussvolles Leben symbolisierte.
Okay. Mittlerweile scheint er seinen Rest Verstand weggesoffen zu haben.
Sich als Franzose mit Putin zu verbrüdern und aus Steuergründen und Protest gegen die aktuelle Politik die russische Staatsangehörigkeit anzunehmen ist blamabel. Und dann noch Putin als Demokraten zu bezeichnen und im gleichen Atemzug die Pussy Riot Frauen zu verhöhnen ist einfach völlig daneben und arschig.
Ich hoffe, er säuft sich zusammen mit Putin einen Korsakov im Endstadium an…

Und dann Kinski.
Ich habe ihn und sein Schauspiel vergöttert.
Die Biografie seiner Tochter Pola scheint nun aufzuzeigen, dass er nicht geschauspielert hat. Klaus Kinski war immer jähzornig, pädophil, psychotisch, asozial  und einfach nur ein Arschloch.
Und missbrauchte seine Tochter über Jahre hinweg.
Man fragt sich, wie viele andere Mädchen, Frauen, Jungen und Männer noch.
Denkmäler können stürzen.
Für mich ist Klaus Kinski gestürzt.
Jedes Mal wenn ich ihn jetzt sehe oder höre habe ich das Bild eines Kinderfickers vor Augen. So was kann ich überhaupt nicht ertragen.
Stattdessen werde ich die Biografie von Pola Kinski lesen.


Die katholische Kirche entblößt sich weiter.
Nach Mißbrauchsbeweisen, unsozialen Arbeitsverträgen, historisch gesicherten Massakern, Hexenverbrennungen, Kreuzzügen, teilweise Billigung des Nationalsozialismus, Segnungen von Militärwaffen, einer Vatikanbank, die am Waffenhandel Milliarden verdient, Opus Dei, verlogene Moral, Mord, Haushälterinnenheuchelei, Lügen über Lügen und und und… nun ein neuer Skandal:
Da verweigern zwei (!) katholische Krankenhäuser in Köln (na klar!) die Behandlung einer vergewaltigten Frau.
Mit der Begründung, dass sie keine Beratung über einen Schwangerschaftsabbruch oder die Pille danach (die das Opfer schon von der Notfallmedizinerin bekommen hatte) durchführen dürften.
Mittelalter. Unterlassene Hilfsleistung. Unfassbare Unmenschlichkeit.
Eben katholische Kirche.


Zwei Helden künden neue Taten an. Ich glaube und hoffe, dass die beiden auch immer Helden bleiben werden.
Aah! Nick Cave bringt ne neue Scheibe raus! Da bin ich immer geil drauf und die Vorab-Single ist wunderschön und angeblich soll das ganze Album sehr balladesk werden und ich liebe einfach die Nick Cave – Balladen. Freu! Must have!
David Bowie bringt auch ein neues Album raus. Ich bin leicht skeptisch, mag Bowie aber auch schon immer.
Könnte das Jahr besser starten?


Was soll ich zu der Verblödung der Kinderbücher von Lindgren und Preußler sagen? Die Worte „Neger“, „wichsen“, „Eskimo“, etc. seien politisch nicht mehr korrekt und werden deshalb ausgetauscht. Ich finde das albern. Sprachbereinigung hat was von Zensur. Orwells Neusprech aus 1984.
Die Worte „Neger“ oder „Zigeuner“ sind ja nicht diskriminierend. Sie sind es vielleicht in einem rassistischen Kontext, aber nicht in einem Kinderbuch mit deutlich humanistischen Ansprüchen.
Also ich will weiterhin ein Krüppel oder Behinderter sein, das finde ich besser als „Mensch mit anderen Bedürfnissen“ oder so.
Und ein Flüchtling ist für mich ein Flüchtling, dadurch behandele ich ihn nicht so beschissen, wie die Mächtigen, die ihre Politik durch niedlich politisch-korrekte Ausdrucksweise verschleiern.


Und sonst?
Nix sonst.
Der Countdown läuft.
Mein RehA-Countdown. Der Durchstart-Countdown.
Vielleicht auch der Revolutions- oder Erneuerungscountdown,
aber der fängt von Unendlich an runterzuzählen.
Ach. Fuck.
Gute Nacht!