Donnerstag, 31. Mai 2012

Mamis Liebling


Mamis Liebling

Er sagte
er wäre Seemann gewesen
dabei war er nur für ein paar Wochen
auf einem Kanalschlepper als Aushilfe
und das waren seine einzigen Wassererfahrungen

Sein Atlantik
war der Rhein-Herne-Kanal
und sein Souvenir eine Tätowierung
billig gestochen
hätte auch im Jugendarrest gemacht sein können

Er lag bei uns im Krankenhaus
und jedem war klar
dass er lebend nicht mehr rauskommen würde
und seine letzten Jahre hatte er in Obdachlosenunterkünften
oder – solange er konnte – auf der Straße verbracht
und jetzt forderte sein Körper den Tribut für dieses Leben
dem war er nicht gewachsen

Erst war sein Bein dran
Stück für Stück ließ er es in der Gefäßchirurgie
und Stück für Stück verlor er seine Hoffnung
aber immerhin:
der Gestank ließ nach
Seine Lunge und seine Bauchspeicheldrüse waren Katastrophen
und inoperabel
und ich fragte mich immer
warum dann überhaupt das Bein amputiert und behandelt werden musste
aber ich war auch nur Pflegeschüler
damit eh der letzte Arsch
und manche Fragen
sollte man in unserem Gesundheitswesen nicht stellen
(schließlich brauchen Ärzte im Praktikum auch OP-Erfahrungen)

Ich war also für seinen Arsch zuständig
den ich oft genug abputzte
und nach einer Woche dann auch für seinen Bart
den ich stutzen durfte
Er wollte auch noch einen Haarschnitt von mir
aber da traute ich mich nicht ran
und den Krankenhausfriseur konnte er nicht zahlen
Aber er war sauber
und bekam dann auch einen Schlafanzug und einen Bademantel
und immerhin regelmäßige Mahlzeiten
und das war schon ne Art Luxus für ihn
auch wenn ihm das Bier und die Zigaretten fehlten

Er machte seine Scherze
und war oft laut und unhöflich
und erzählte von seinen Seefahrten
und wir hörten ihm zu
obwohl wir alle die Akte kannten:
Rhein-Herne-Kanal
Aushilfe
Ich war mir nicht sicher
ob er angeben wollte
oder in seiner erfundenen und übertriebenen Geschichte lebte
und seine letzten Lebensfunken damit am Brennen hielt
auch deshalb hielt ich meine Schnauze

Wie alle anderen auch
fast alle
Einmal sagte er zu einem Doc
„Bei der nächsten Cranger Kirmes stehen wir beide bei Steilmann und saufen uns einen“
Und der Doc antwortete
„Ach, bei der nächsten Cranger Kirmes leben sie nicht mehr…“
Und das war das einzige Mal
dass ich ihn weinen sah
und keine Ahnung hatte
wie seine Tränen zu trocknen gewesen wären

Er war ein Leichtmatrose
und ich konnte ihn alleine in den Rollstuhl heben
Dann ging es zum Raucherzimmer (die gab es damals noch)
und ich drehte ihm und mir eine Zigarette
und ließ ihn dort eine viertel Stunde stehen
so dass er sich noch eine Kippe von irgendeinen Mitpatienten schnorren konnte
Von der Stationsschwester bekam ich dafür einen derben Anschiss
aber das war mir egal
und ich wurde das Gefühl nicht los
dass sie mich insgeheim sogar verstand
Von weiteren Disziplinarmaßnahmen wurde abgesehen

Seine Tätowierung
sahen wir bei der Körperpflege und Wäsche
auf der eingefallenen Bauchdecke
Ein mittlerweile eingefallenes Herz
darunter ein Anker
und ein Pfeil als Wegweiser
der zu seinem Schwanz zeigte
mit dem Hinweis
Mamis Liebling

Na ja
da gab es schon lange keine Mami mehr
es gab für ihn gar keinen Besuch
und der Liebling war klein und verschrumpelt
mit einem Katheterschlauch in der Harnröhre
und die Krankenschwestern reagierten
empört, belustigt oder mitleidig
und ich grinste mir einen

Sein Tod war nicht witzig
genau wie sein Leben
Multiorganversagen
und höllische Schmerzen
Natürlich wollte er ein Seebegräbnis
aber der Leichtmatrose des Rhein-Herne-Kanals
wurde dann irgendwie vom Amt entsorgt

Ich kann mich nicht mehr an seinen Namen erinnern
für mich bleibt er Mamis Liebling
und diesen Text setze ich als seinen Grabstein
er hat ja sonst keinen

Vielleicht verarscht ihn ein mögliches Leben nach dem Tod weniger
Ich würde es ihm gönnen

Mittwoch, 23. Mai 2012

Noch n Glaubensbekenntnis


Noch n Glaubensbekenntnis

Ich glaube an
Kaffee, Zigaretten und Bier und
an die Macht der Drogen
deshalb lasse ich da weitgehend meine Finger von

Ich glaube an Gitarren
die sanften und die rauen Töne
der A- und E-Meisterwerke
und ich glaube an die kaputten Stimmen
die besonderen, von Leben gezeichneten
die wie Orpheus singen
indem sie schräg und unsauber Feeling transportieren
Ich glaube an Musik,
an Rock, an Blues, an Punk
und so was

Ich glaube an die Schönheit und Kraft
der Worte und Verse
Poesie!
Vielleicht ein Hauch von Unendlichkeit und Weisheit
im Rausch der Worte
vielleicht auch nur ein Auskotzen
oder ein Hilfeschrei
Egal

Ich glaube an Brot und Spiele
und den VfL Bochum
(Nein – nicht wirklich)
an Heimat
und damit den Ruhrpott
vielleicht

Ich glaube an die Liebe
mit jeder Faser meines Ichs und
mit allem in mir
was sich nicht materialisieren lässt

Ich glaube an die Freiheit
zumindest als Utopie
Ich glaube an den Frieden als letztendliches Ziel
Ich glaube an all das
und habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben

Ich glaube an Schutzengel
und an die Überstunden und die Akkordarbeit meines persönlichen Schutzengels
dem ich hiermit dieses Gedicht widme
Ich glaube an Feen
und an Rock’n’Roll Götter
und an Magier, Gaukler und Hofnarren

Ich versuche an die Kinder zu glauben
und dass sie eine Zukunft haben
und es irgendwann besser machen
aber
Das fällt mir verdammt schwer



Ich glaube nicht
an den einen Gott
der strafend und herrschend
absolutistisch und autokratisch über uns hockt
Ich glaube nicht an Religionen
aber ich glaube auch nicht
dass es da gar nichts gibt
Atheismus ist für mich
genauso eine Religion
wie all die anderen

Ich glaube auch nicht
dass wir Menschen die Krone
irgendeiner Schöpfung sind
und die Erde der Mittelpunkt des Universums ist
und überhaupt

Da gibt es noch so viele Dimensionen
die wir mit unseren beschränkten Gehirnen gar nicht wahrnehmen können
Wir sind im Ganzen gesehen höchstens Staubkörner
und woher nehmen wir die Überheblichkeit
uns als Einzigartig und Höherstehend anzusehen
(Vielleicht sind wir Einzigartig
aber Zecken und Kakerlaken sind das auch)

Ich glaube
wir sind Aliens
aber so unbedeutend für die Lebewesen der anderen Galaxien
dass sie uns
auf eine ähnliche Stufe setzen
wie wir es mit unseren Insekten tuen

Aber eigentlich
ist all das ziemlich egal





Ich glaube an Musik, Poesie und Liebe
all der andere Kram
ist mir schnuppe

Ich glaube nicht mehr an die Demokratie
- hätten wir zum Beispiel das Recht auf Volksentscheide
  so hätten wir übermorgen die Todesstrafe wieder eingeführt
  und die FDP existiert auch noch immer –
und der alltägliche Umgang
mit den Grundrechten und den demokratischen Freiheiten
muss hier nicht von mir kommentiert werden
Ich glaube auch nicht mehr
an irgendein real existierendes gesellschaftliches Modell
Ich glaube an die Anarchie
und gebe zu
dass sie noch lange Utopie sein wird
Ich glaube an den Untergang des Kapitalismus
aber ich muss nicht helfen, ihn herbeizuführen
Das passiert von alleine
und mittlerweile glaube ich
dass ich das noch miterleben werde
und das es fürchterlich wird

Ich glaube an Schutzengel und an Feen
ich glaube an Seifenblasen
und Melodien
die mein Herz erreichen
ich glaube an die Liebe
und ich glaube immer noch an die Menschen
und versuche
an die Kinder und Kindeskinder zu glauben

Ich glaube
zu wissen
dass ich viel zu wenig weiß
und all das Mystische und Unergründliche
es eher spannend macht
und Hoffnung schafft
Keine Ahnung
woher ich diese Zuversicht nehme

Ich glaube an Euch
und vielleicht glaube ich auch n Stück weit
an mich

Irgendwie
muss das ausreichen
und irgendwie tut es das auch


Dienstag, 22. Mai 2012

Passt bloß auf, wo der Pfaffe seine Finger hat!


Passt bloß auf, wo der Pfaffe seine Finger hat!

Das Ganze nennt sich „Heilige Erstkommunion“. Und ist ein Versprechen und erneuter Eintritt der Kinder in die Glaubensgemeinschaft und religiösen Riten der katholischen Kirche. Sie müssen ne Glaubenswäsche und Schulung über sich ergehen lassen und bekommen dann zum ersten Mal die Hostie (ein Symbol für den „Leib Gottes“ oder so) und – das ist für die Kinder wichtig – massig Geschenke. Bei den Evangelischen heißt das Konfirmation und passiert ein paar Jahre später, dementsprechend sind die Geschenke größer. In der DDR hieß das Jugendweihe und war das gleiche Brimborium, bloß ohne Kirche.
Ausnahmsweise sind die katholischen Kirchen an solchen Sonntagen voll. Das ist sonst selten und immer seltener der Fall in unserem Land.
Die Jungen tragen Anzüge oder zumindest Sakkos und die Mädchen weiße Kleider und Lackschuhe. Teuer das Ganze, genau wie die anschließenden Familienfeiern. Aber es gibt ja auch genug zurück…

Letzten  Sonntag war ich dann reif und war Besucher oder Gast einer solchen Veranstaltung.

Ich habe es über fünfzehn Jahre geschafft, keine Kirche mehr zu betreten. Außer bei Beerdigungen und das zählt nicht, da ich da mit meinen Gedanken eh immer ganz woanders bin.
Ich gestehe, ich bin immer noch zahlendes Mitglied im Verein der römisch-katholischen Kirche. Früher war das Jobbedingt, als Krankenpfleger und Altentherapeut finden sich die meisten Arbeitsplätze in kirchlicher Trägerschaft und da macht sich ein Kirchenaustritt nicht so gut. Jetzt sind es einfach Schusseligkeit und Bequemlichkeit, die mich bisher an einen Kirchenaustritt hinderten.
Dabei bin ich kein überzeugter Katholik, ich würde mich ja noch nicht mal als Christ bezeichnen. Ich weiß nicht, ob es einen Gott gibt und es ist mir egal. Manchmal wünschte ich mir, an etwas glauben zu können. Aber irgendwie funktioniert das bei mir nicht. An einen autokratischen, strafenden Herrscher glaube ich aber auf keinen Fall!
Und die straffe und undemokratische Struktur der katholischen Kirche verabscheue ich.



Wir Katholikenkinder

„Er lachte viel und spielte Tischtennis mit uns
er sang zur Gitarre
und war unser aller Freund
als er mich überall streichelte
und dann meine Hand nahm und um sein Glied legte
dachte ich nur
ich kann ihm nichts verweigern
und dass es unser Geheimnis sei
und ich nichts sagen dürfte
Nur
dass ich an diesem Geheimnis zerbrochen bin
und
dass ich jetzt erfahre
wie viele von uns zerbrochen und geschändet wurden
-
Er ist dann in eine andere Gemeinde versetzt worden
…“



Mit der Muttermilch wurde uns die Sünde eingetrichtert
Wir konnten noch nicht laufen
aber waren schon schuldig
Und lernten beichten bevor wir sündigen konnten
Reue überdeckte Spaß
Statt aufrechter Gang wurde uns das Knien beigebracht
Sonntags ging es in die Kirche
und was die Nachbarn dachten
war wichtiger als eine glückliche Kindheit
Unsere Eltern wollten stolz auf uns sein
statt uns zu lieben
Komischerweise wuchsen wir trotzdem auf

Kommunionskleidung und Messdienergewand
und beim Weihrauch kippten wir schon mal um
Wenn wir Glück hatten und schlau waren
hörten wir weg
während die Pfaffen vom Himmelreich sprachen
und uns Duckmäusertum predigten
Die Nächstenliebe durften wir praktizieren
aber bloß nicht zu sehr
Die Scheinheiligkeit und der Zölibat
ließ viele von uns zu Opfern werden
In Berufsgruppenzugehörigkeit stehen Geistliche ganz vorne
in Kindermissbrauchstatistiken

Als Katholikenkind fällt es schwer
an einen Gott zu glauben
Hexenverbrennungen, Kreuzzüge, geweihte Panzer,
dogmatische Unfehlbarkeitsansprüche von Tattergreisen
Heuchelei und Lüge
Gold, Prunk und Macht
verhungernde Kinder, ermordete Kinder, geschändete Kinder
und ein großes Nein zur Sexualität und Verhütung
Die Kirche als Verbündeter der Aidsverbreitung
Homosexualität ist Krankheit
Evolution beinahe Teufelswerk
und die Erde am liebsten noch immer eine Scheibe

Ich habe nichts gegen Religionen
manchmal würde ich selber gerne glauben und beten
Der Katholizismus hat es mir verdorben
das ist aber auch das einzig Gute, was mir dazu einfällt


Das Gedicht habe ich 2008 geschrieben. Es bleibt aktuell.
Mittlerweile sind noch wesentlich mehr Fälle von Kindesmissbrauch an die Öffentlichkeit gekommen. Und ich befürchte eine sehr hohe Dunkelziffer.
Für mich liegt es auf der Hand, warum gerade der Katholizismus einen Nährboden für Übergriffe bietet:
- Die sexualfeindliche Scheinmoral.
- Die vorgegebene Enthaltsamkeit der Priester.
- Die traditionelle Machthörigkeit und Machtgeilheit der katholischen Kirche.
Wenn es schon Sünde ist, nur an Sex zu denken, dann sündigt jeder Pfaffe. Und wenn er das Gefühl hat, eh schon zu sündigen, dann ist die Schwere der Sünde irgendwann fast egal.
Scheinheiligkeit. Seit Jahrhunderten. Mir kommt da etwas hoch…

Ich war als Kind Messdiener. Das war damals jeder gute Junge aus der Nachbarschaft. Und im Gemeindesaal konnten wir Tischtennis und Billard spielen. Außerdem war ich Pfadfinder bei der DPSG. Die waren okay und mittlerweile glaube ich, dass die Pfadfinderei einen guten Teil meiner Sozialisation ausmachte. Wir wurden abenteuerpädagogisch betreut bevor es dieses Wort überhaupt gab. Und wir lernten Solidarität und kritisches Hinterfragen und Einsatz für die Schwächeren. Mit Katholizismus hatte das wenig zu tun, mit Christentum vielleicht wesentlich mehr. Ich denke, dass es immer noch viele fortschrittlich denkende Menschen in den Gemeinden gibt. „Kirche von unten“ und so was. Aber die meisten denkenden Menschen haben wohl irgendwann die Schnauze voll und treten aus der Kirche aus. Und das machen sie nicht wegen der Kirchensteuer.

Religionen an sich sind ja nicht nur schlecht. Der Islam, der Buddhismus, das Judentum, das Christentum, Naturreligionen,…:
In allen Religionen finden sich schöne Geschichten und sinnvolle Verhaltensregeln.
Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass alle religiösen Brauchtümer von irgendwelchen Menschen erfunden wurden, um andere Menschen besser führen und regieren zu können.
Und da regt sich ein sehr starker Widerwille bei mir.
By the way: „Religion ist Opium des Volkes!“ oder “Religion ist Opium für das Volk!”?
Ich könnte ja nachschlagen, finde es aber einfach spannend, beide Sätze erst mal stehen zu lassen…

Ich weiß, ich schwafele und schweife ab.
Also: Letzten Sonntag fand ich mich dann also plötzlich in einer Kirche wieder. Meine Frau neben mir mokierte meine verschränkten Arme und meine Abwehrhaltung, aber ich blieb recht brav und ließ das Ganze über mich ergehen. Ich machte sogar die Turnübungen mit Aufstehen und Hinsetzen mit, weigerte mich bloß, zu knien. Die Bänke waren natürlich total ungemütlich, das haben wohl alle Kirchen gemeinsam.
Es war eine dieser neumodischen Kirchen aus den Siebziger oder Achtziger Jahren. Irgendwie wirkte der Raum recht nüchtern, aber ich fand das in Ordnung: dieser Prunk und dieses Gold der alten Gotteshäuser erinnerte mich stets an die Ausbeutung der Menschen, die diese Kirchen errichtet hatten.
Die Orgel klang scheiße aber ich weiß nicht, ob das vielleicht nur an dem wirklich schlechten Organisten lag (Doch! Das kann ich beurteilen!). Das wurde aber an Peinlichkeit noch von den Musikern des Kirchenchores überboten: In Zeiten des Sakro-Pops (Heißt das so?) spielte (wohl als Anlehnung an die Moderne) eine Gruppe aus Schlagzeug, Gitarre und drei falsch gestimmten Querflöten die neuen Kirchenlieder, die von einem akzeptablen Chor gesungen wurden. Tapfer stimmten die Frauen und Männer ihren Gesang gegen die fürchterlichen Flöten an, sie hatten keine Chance, da die Lieder zusätzlich noch aus fürchterlichen Melodien und albernen Texten zusammengesetzt waren.
Wenn selbst ich mir die alten Melodien und Lieder herbeisehnte, dann muss das wirklich sehr schlecht gewesen sein!
Die Liturgie war beinahe wie früher. Und der Pfaffe schaffte es nicht, die Kinder, um die es ja eigentlich ging, glaubwürdig einzubinden. Er versuchte es auch gar nicht und zog lieblos sein Ding durch. Aber ich glaube, dass das nicht überall so ist. Ich kenne nette Pfaffen, sogar nette katholische Pfaffen.
Und anderthalb Stunden ist für ein Rockkonzert zu kurz – aber für eine Messe viel zu lang!
Es schrie am Ende auch niemand nach einer Zugabe.

Nach der Kirche wurde es dann wirklich schön. Und das Kommunionskind wünschte sich von uns ein Fußballtrikot, dass sie dann auch bekam (Nee - noch bekommt: die Lieferung verzögert sich…). Das find ich klasse. Ich schenke Mädchen gerne Fußballkram. Und ich brauche ja niemanden zu verraten, dass es sich um ein Bayern-Trikot handelt…





Samstag, 19. Mai 2012

Bahia, Frankfurt, Doofmund, Ukraine, NRW, Dave Gahan, Iggy Pop and me...


Es war mal wieder schön am letzten Mittwoch.
Die Bahia in Castrop-Rauxel ist ein Kleinod in der tiefsten Provinz. Jenny und Markus sind sehr nett, die Bühne ist klein und heimelig, der Kicker macht Spaß.
Auch vor wenigen Zuhörern war es eine nette Lesung. Und Moana Köhring und Daniel Nipshagen vom Teenage Angst Ensemble haben eine wirklich beeindruckende Performance hingelegt (meine Lesung war da das Kontrastprogramm…). Moana und Daniel haben nicht nur gelesen, sie haben ihre Texte mit Musik und Videopräsentationen unterlegt und der Vortrag und die unheimlichen Texte gehen unter die Haut.
Jetzt gehen sie mit ihrem Theatherstück „Das Haus“ auf Tournee und ich kann Euch nur empfehlen, da hin zu gehen, wenn sie in Eurer Nähe gastieren!
Fazit: Uns hat es sehr viel Spaß gemacht!
Der Ausklang am Kicker zeigte mir, dass ich noch nicht alles aus meinem vorherigen Leben verlernt habe. Allerdings muckte mein Körper dann doch einen Tag später und auch noch heute auf, ich bin nicht mehr in der Lage, vernünftig zu kickern und schon nach einer halben Stunde Spielerei muss ich zwei Tage dafür zahlen.
Scheiße. Aber vielleicht klappt es ja, wenn ich ein wenig trainiere und mich langsam an so eine Belastung gewöhne…

Frankfurt: eine Stadt lässt sich von der vierten Staatsgewalt blockieren.
Egal, wie ich zu Blockupy stehe, die Platzverbote, Prügelorgien und Polizeidominanz in Frankfurt sind beschämend. Repression zeigt ihr wahres Gesicht. Geschützt werden die Banken – nicht die Menschen. Schon gar nicht die kritischen oder die ärmeren Menschen. Deshalb dürfen Nazi-Aufmärsche stattfinden, deshalb dürfen Pro-NRW-Idioten absichtlich zu Prügeleien mit Muslimen auffordern, indem sie religionsverachtenden Karikaturen zeigen, wohlwissend, dass dies gerade die fundamentalistischen Muslime beleidigt und zu Gewalt führt (die ich nicht gut heiße, aber muss ich das betonen?). Und deshalb ist Frankfurt seit Mittwoch ein Hochsicherheitstrakt und Demokratiefreie Zone.
Zitat Konstantin Wecker: „Das Singen wurde mir bisher noch nie verboten. Nicht mal in der DDR.“
Tja. Demokratie hört da auf, wo das Kapital kritisiert wird.

Letztes Wochenende: Was für ein Pokalendspiel!
Als regelmäßiger Zuschauer und Anhänger des VfL Bochum hatte ich schon vergessen, dass Fußball blitzschnell sein kann. Ich wusste nicht, dass Spieler in der Lage sind Bälle genau anzunehmen und beinahe blind auf ihre Mitspieler weiterzuspielen. Ach ja: und Kampf gehört auch zum Fußball und kann zum Erfolg führen! Und – da wundere ich mich besonders – Fußball kann Spaß machen!
Mein ehrlicher Glückwunsch in die ungeliebte Nachbarstadt! Den arroganten Bayern-Haufen zu demontieren ist was Besonderes!
Ich gestehe: NEID!!!
Natürlich haben sich die Bayern wieder als schlechte Verlierer gezeigt. Wenn ein Lahm davon spricht, dass Bayern das bessere Team gewesen wären, dann verkennt er einfach, wie geschickt und schnell die Doofmunder gespielt haben. Und die Bayern wie eine Schülermannschaft aussehen ließen. Auch wenn dieser zwielichtige Franzose ein wirklich tolles Tor gemacht hat, der Rest war Mist.
Und dann Dienstag die Relegation. Mit Ddorfer Zuschauern, die einen Schiedsrichterpfiff fehlinterpretieren und dann zu früh gefreut den Platz stürmen. Und ein mediales Echo und ein Geschrei auslösen, dass nur noch blöd, unangemessen und peinlich ist. Montag entscheidet das DFB Sportgericht endgültig über diese Farce. Mir egal, für mich ist diese Saison beendet und Berlin verdient abgestiegen (Nein: Ddorf ist NICHT verdient aufgestiegen, aber da meine ich jetzt nicht die Relegation, sondern die ganze Zweitliga-Saison…).
Champions League geht mir am Arsch vorbei. Ist ja keine deutsche Mannschaft vertreten und Chelsea ist mir ziemlich unsympathisch.

Und dann ist kurze Fußballpause bis zur EM.
Ist Sport politisch?
Als Fußballer gäbe es nur einen Grund für mich, absichtlich zu verlieren:
Bloß keine Umarmung von Angela Merkel!
Die abgeschlachteten Hunde der Ukraine (alles für eine saubere EM – ohne EM hätten die Hunde wahrscheinlich überlebt) sind politische Opfer des Sport-Events.
Ohne EM wäre Frau Timoschenko genauso beschissen behandelt worden, nur die Weltöffentlichkeit hätte es nicht mitbekommen. Ich finde, damit haben wir ein Argument für die Fußball-EM in der Ukraine. Aber auch wenn Fußballprofis oder Sportler allgemein eher als blöd gelten, trotzdem haben sie Recht auf Meinungsäußerung. Und gibt es da eine andere mögliche Äußerung, als das ukrainische System zu verurteilen?
Ein Boykott bringt gar nichts. Zumal die ukrainischen Menschen die EM haben wollen. Aber die Schnauze halten muss ja auch nicht sein!
Natürlich ist Sport politisch. Blatter und seine Fußball-Mafia – mehr muss ich da nicht schreiben.
Natürlich ist Politik unsportlich. Genau, wie der Profi-Sport, aber das ist ein ganz anderes Thema.
Soviel dazu.

Dann waren da die Wahlen in meinem NRW.
Buh! Die Menschen haben nicht so gewählt, wie ich das gerne gesehen hätte! Pfui!
Kann mir jemand verraten, warum die FDP Stimmen bekommt? Reicht da schon ein Blender wie Lindner?
Kann mir jemand verraten, aus welch programmatischen Grund man die Piraten wählen kann?
Okay. Irgendwie haben sich Die Linken selber demontiert. So wie es jede fortschrittliche und linke Bewegung seit Urzeiten macht. Scheiße.
Aber eigentlich darf ich auch nicht darüber meckern, solange ich mich parteipolitisch selber raushalte und nur in kleinen und unwichtigen Sätzen in meinem Blog und meinen Gedichten politisch betätige.
Stärkste Partei wurde übrigens wie so oft mit ca. 40% die Nichtwähler.
Soviel zur Demokratie.
So.
Und Röttgen wurde von Merkel dann wahrhaftig rausgeschmissen. Ist lange nicht mehr passiert, normalerweise treten die Versager irgendwann selber zurück. Das hat also jetzt ne neue Dimension und zeigt, dass selbst diese Kanzlerin nervlich angeschlagen zu sein scheint.
Was ich wiederum gut finde…
Ach ja: Und bitte noch Rössler, Westerwelle, von der Leyen, Friedrich und wie sie alle heißen rausschmeißen! Und dann selber zurücktreten!
Das fände ich noch besser

Dave Gahan meldet sich zurück. Und wie!
Nach überstandener Krebs-Erkrankung hat er mit den Soulsavers eine Scheibe eingespielt, die zum Niederknien schön ist! Die Stimme ist in Höchstform, die Texte, die sich auch mit seiner Erkrankung auseinandersetzen, sind auf überraschend hohem Niveau und die Musik der Soulsavers – viele A-Gitarren und Streicher – bereitet einen wohligen Soundteppich für Dave, den dieser genial nutzt. „Presence of God“ zum Beispiel ist Gänsehaut pur. „Just try“ ist wunderschön (mich nervt der Background-Chor) und „Tonight“ ist im besten Sinne des Wortes eine Hymne. Eigentlich könnte ich hier jedes Lied positiv erwähnen.
The Light the Dead See“ ist keine Depeche Mode Kopie. Gerade da drin liegt die Stärke dieser Platte!
Dave Gahan wird mit zunehmendem Alter immer besser und ich hoffe, ihn oder gar Depeche Mode nochmal live und in voller Stärke erleben zu dürfen.

Auch Iggy Pop meldet sich zurück. Mit einer Songsammlung, die es (vorerst) nur als Download gibt. Und die aus Chanson-Covern besteht. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich ratlos, was dieses Ding angeht. Aber ich habe mich in der Woche des öfteren dabei ertappt, dass ich mir die Sachen mit einem Grinsen angehört habe.

So.
Und jetzt muss auch mal wieder reichen. Gleich kommt Claudia vom Einkaufsbummel und es gibt Rouladen (Hmm! Lecker! Wirklich!).
Euch auch einen guten Appetit…