Freitag, 30. März 2012

100tes Posting: Weltlage- und Politik- und übAhaupt und Killing Joke


1 Billion für einen Rettungsschirm. Oder 800 Millionen. Mir ist es wurscht, bei solchen Zahlen setzt mein Verstand aus und die Wirtschaftspolitik kann eh kein Mensch verstehen. 1000000000. Ganz schön viele Nullen. Geld ist eine Illusion. Und meine pekuniären Probleme ein Fliegenschiss.
Seit Möllemann wissen wir, dass Rettungsschirme bei der FDP nicht funktionieren. Aus Rache und Machtgelüsten bestimmt diese Splittergruppierung nun den Bundespräsi und verhindert eine Auffanggesellschaft für die jahrzehntelang vom Schlecker Konzern ausgebeuteten Frauen. (Mir kommt es hoch aber wenigstens lässt Atletico Bilbao mich noch an Fußball glauben, wenn es schon mein VfL nicht schafft.) (Und Killing Joke katapultieren mich zurück in die Achtziger und das ist endlich mal was geiles, bei all dem miesen anderen Kram um mich herum.)

So oder so ähnlich. Frühling 2012. Feuchte Kälte. In Deutschland. Weltweit.
Wenn ich was von Wachstum und Aufschwung höre, dann bekomme ich Magenkrämpfe. Irgendwann funktioniert dieses Aufschwungsmodell einfach nicht mehr. Und endloses Wachstum ist eine Illusion. Dass dieses Modell Schwachsinn ist kann man jedem Kind ganz einfach erklären.
Wirtschaft! Früher habe ich nicht mal meinen sich füllenden Deckel in der Kneipe verstanden. Und mich ausbeuten lassen, um ihn zu bezahlen.
Zum Beispiel bei AGFA. Die standen auf einer Stufe mit Nokia und Schlecker. Aber nur die Speerspitze der Schweineunternehmen zu nennen ist auch zu einfach.
Aber vielleicht ist das eh alles egal. Wir sind in einer riesigen Weltwirtschaftskrise und irgendwann wird dieser Vulkan (mal wieder) explodieren und die Geschichte lehrt uns leider, dass zur Ablenkung dann immer ein großer Krieg geführt wurde.
Von den Regierungen, von den Mächtigen. Die Menschen haben da wenig zu sagen.
Und sind scheinbar chancenlos, sich dem zu widersetzen.

Nie war NO FUTURE näher als heute.

Oh Mann! Ich sollte nur noch über Fußball schreiben. Oder über Musik. Oder über Frauen. Das sind Sachen, die ich auch alle nicht so ganz verstehe (wenn ich auch oft so tue, als ob), aber da rege ich mich wenigstens nicht ganz so auf! Politik und Weltlage verschaffen mir Depressionen. Ich schaffe es mittlerweile sogar nicht mehr, so richtig wütend zu werden. Aber für Ironie oder Satire ist die Lage viel zu heftig.

„Occupy“ und Piratenpartei gaukeln uns vor, dass so was wie Opposition und Widerstand heutzutage möglich und machbar sei. Auffällig sind bei beiden „Bewegungen“ die fehlende Radikalität und die Konzeptlosigkeit. Die machen nix! Die wollen nur spielen!
Dabei macht die Piratenpartei ziemlich viel: nämlich ernsthafte parlamentarische Opposition platt.
Man könnte glauben, der Verfassungsschutz selber hätte die Piraten gegründet. Aber der ist ja damit beschäftigt, seine V-Leute in der NPD zu decken.
Die V-Leute findet man in der radikalen Linken, die ja bekanntlich viel intensiver als die Rechte vom Verfassungsschutz beobachtet und kriminalisiert wird, übrigens wesentlich seltener. Wäre ich naiv, dann würde ich sagen, das liegt daran, dass die V-Leute einfach zu doof für die Linken sind. Ich befürchte, es steckt mehr dahinter und Teile dieses Staatsorgan sind auf dem rechten Auge nicht blind, sondern fördernd (Nein! Ich erkläre jetzt nicht was ich damit meine!).

What can a poor boy do?
Ich bin kein Politiker, ich bin Schreiberling.
Ich bin kein Straßenkämpfer, ich bin alt und krebskrank (und damit immer in der Lage einfache Entschuldigungen zu bringen…).
Ich bin Romantiker und Rock’n’Roller und das ist schon schwer genug, unter einen Hut zu kriegen. Geschweige denn, diese Feelings heutzutage auszuleben.
Ich bin ein linker Spießer und stehe dazu. Ich bin ein inkonsequenter Gefühlsanarchist. Ich bin Hermann.

Gedankenachterbahn. Gruselkabinett der Nachrichten.

Dies ist mein hundertstes Posting in diesem Blog.
Gedanken, Gedichte, Rezensionen, Werbungen, massig Laberei.
Ich habe eine kleine, feine und ständig wachsende (wirklich wahr!) Leserschaft.
Und mein Ego kann das gut gebrauchen. Mein Hausmann und Rentnerdasein auch. Außerdem komme ich bei meinem Roman momentan nicht richtig weiter (hat ja auch noch Zeit, wo der erste gerade anläuft…) und da sind diese Fingerübungen n netter Ausgleich.

Der richtig geile und aufpowernde Frühling macht Pause. Depriwetter ist angesagt. Und frieren.

Eigentlich geht es mir gut und wenn ich jammere, dann auf extrem hohen Niveau.
Ich habe ne fiese Krebserkrankung überlebt, ich habe die Liebe meines Lebens geheiratet (Claudia liebt mich, sie passt auf mich auf und will mich dick und rund füttern und meckert über meinen Zigarettenkonsum und überhaupt…) und die weltbeste Hündin (das behauptet schließlich jeder Hundehalter von seinem Tier) liegt zu meinen Füßen und weicht kaum einen Schritt von mir (und das ist toll, obwohl es manchmal auch nervt!). Ich werde gelesen mache Lesungen (da wäre vor drei Jahren noch nicht dran zu denken gewesen!) und überlebe diese ohne allzu große Probleme, ich bekomme sogar positive und bestärkende Rückmeldungen.
Trotzdem: wenn du voller Pläne und Energie zu stecken glaubst und immer wieder von deiner Müdigkeit oder deinen körperlichen Ressourcen gebremst wirst, dann nervt das. Und wenn du deine Tastatur vollsabberst und dich daran erinnerst, dass du früher selbst als Sänger einer Rockband (wenn auch erfolglos) n gewisses Maß an Charisma hattest, dann stören deine Artikulationsbeschwerden und deine sichtbaren Behinderungen.
Ich kenne einige Behinderte, die nie in einer Behinderteneinrichtung arbeiten würden, weil sie „mit all den Spackos und Nieten“ nichts zu tun haben wollen. Ich habe das nie verstanden, aber irgendwie bin ich da ähnlich. Nein, ich habe nichts gegen behinderte Menschen. Ja, ich zähle mich dazu. Aber ich will nicht in ein Ghetto und ich will nicht auf meine Behinderung reduziert werden. Und ich glaube, Behinderung ist wirklich noch schwieriger zu akzeptieren, wenn sie dich erst in der Mitte deines Lebens erwischt. Und du bis dahin ein behinderungsfreies Leben führen konntest. Egal. Ich jammere auf hohem Niveau.
Und lebe trotz meiner Einschränkungen relativ glücklich.
Vielleicht sogar ein bewussteres und intensiveres Leben als vor meiner Erkrankung.
Zumindest kann ich jetzt kein arrogantes und überhebliches Arschloch mehr sein. Ich hoffe, ich war es damals nicht, aber Anzeichen waren vorhanden.
Und wirklich: ich nehme die Himmelsfarben, das Erblühen der Natur, die Reaktionen meiner Mitmenschen, die Liebe meiner Frau und all so was viel intensiver wahr, als vor meiner Erkrankung.
Versteht mich nicht falsch: wenn jemand von „Krankheit als Chance“ spricht, dann könnte ich ihm noch immer in den Arsch treten. Krankheit ist immer scheiße, niemals eine Chance oder ein Wink des Schicksals!
Aber Krankheiten verschieben schon die Prioritäten des Lebens. Und manchmal kann man sich das schönreden. BlaBla…

Ach Mensch. An meine LeserInnen:
Ich liebe euch!
Und natürlich stimmt das nicht. Ich liebe meine Frau, ich liebe meine Freunde und Freundinnen und meine Familie und unsere Hündin.
Euch (wer immer damit gemeint ist) brauche ich zusätzlich für mein Ego und ich gönne euch alles Gute und Liebe und ich würde euch gerne mit Liebe überschütten (aber das will ich bei der ganzen Welt). Ich hoffe, ich kann euch was geben, ihr gebt mir verdammt viel, indem ihr mich lest und manchmal mit Kommentaren beglückt.

Ich werde sentimental, deshalb wechsele ich das Thema und teile euch meine Gedanken zum neuen Killing Joke Album mit:
Man kann auch 2012 noch druckvolle, stimmige und kräftige Alben produzieren, die nicht im Einheitsmischbrei ertrinken!
MMXII ist der Beweis dafür. Und MMXII ist auch der Beweis, dass Industrial, Postpunk oder was-auch-immer noch heute was mitzuteilen hat und dies auf eindrucksvolle Weise!
Das neue Killing Joke Album ist ein Ausrufezeichen. Musikalisch druckvoll und abwechslungsreich, technisch nahezu perfekt, ohne steril zu klingen und textlich auf der Höhe der Zeit. Ich mochte Killing Joke beinahe schon immer, auch wenn ich (als alter Rock n Roller) mich sonst mit dem Stil eher schwer tue. Mit diesem Album haben sie mich wieder mal völlig überzeugt: "In Cythera" und "On all hallow's eve" sind melodiöse Glanzlichter, "Colony Collapse" gibt uns die Gitarrenbreitseite, um jetzt nur drei Stücke direkt zu nennen. Die ganze Scheibe ist einfach stimmig und dermaßen voller Energie, ich glaube kaum, dass es noch viele Platten - egal aus welchem Bereich - schaffen, diese zu toppen!

Mir schmerzen alle Knochen. Ich muss vom Schreibtisch weg. Jetzt haben wir halb sechs und Claudia kommt bald  von ihrer Arbeit und das ist n guter Zeitpunkt, um in diesem Post n Break zu setzen.

Ich werde euch weiter nerven, es macht einfach zu viel Spaß!



Mittwoch, 28. März 2012

Noch mehr nächtliche Laberei, die Toten Hosen, Bukowski und mein Veranstaltungshinweis


Diese Nächte am Computer!


Nächtliches Gelaber.
Monologe auf einer Tastatur.
Niemand kann mir widersprechen. Niemand unterbricht mich.
Maya pennt auf dem Sofa und träumt von Kaninchenjagden, die wir ihr immer verbieten.
Claudia pennt im Bett und vermisst mich neben sich (hoffe ich, denke ich, weiß ich eigentlich). Ich sitze am Schreibtisch und habe die Frauen, die mich lieben, ganz nah bei mir.
Vor drei Jahren war ich noch alleine. Vieles war einfacher. Aber ich war definitiv nicht glücklicher.
Nächtliche Seifenblasen tigern durch meinen Schädel und ich rauche mir erst mal eine Zigarette, um mich wieder zu erden.


Ich höre die Vorab-Single der Toten Hosen (Tage wie diese“) und freu mich auf den Mai, wenn ich mich über das Album ärgern kann.
Und natürlich „auch“ auf die neue Ärzte-CD, die schon Mitte April rauskommt. Ich weiß, das ist in gewissen Kreisen nicht korrekt, aber trotzdem mag ich beide Bands und weigere mich seit über zwanzig Jahren mich auf eine der beiden festzulegen oder aber, beide einfach zu verteufeln. „Die Ärzte“ sind witziger, musikalisch einfallsreicher, okay. Aber ich finde, Campino hat Charisma und Glaubwürdigkeit. Und der Song „Tage wie diese“ ist mal wieder eine der Hosen-Hymnen: ein Song zum mitgrölen und mitfühlen. Trotzdem auf hohem Niveau und diesmal mit wirklich geilen Gitarrenriffs. Die anderen Songs der Maxi (gibt es überhaupt noch Maxis in MP3-Zeiten? macht das Sinn?) fallen etwas ab, sind aber durchaus hörbar.  Ich bin gespannt.
Natürlich haben beide Bands mit Punk nun wirklich nichts mehr am Hut. Sind im Pop/Rock-Olymp angekommen. Is nix mit Underground!
Na und ? Ich mag sie. Mainstream heißt ja nicht, dass alles scheiße sein muss. Und einen Underground kann es nur geben, wenn auch ein Overground existiert. Und die Grenzen sind fließend.
Ich höre viel kruden Kram. Manches ist für meine Freunde (und besonders für meine Frau, die das täglich mithören muss) kaum zu ertragen. Mir ist dabei völlig egal, ob das Underground, Mainstream, Independent oder sonst was ist.
Hauptsache, es gibt mir was und ich habe Spaß dabei.
Nehmen wir mal die Literatur, wo es ja genauso ist:
Glaubt es mir, ich habe schon massig Scheiße gelesen, die einfach nur gelobt werden wollte, weil sie aus dem Underground kam. All diese Bukowski-Epigonen!
Nur weil jemand weiß, wie man die Wörter „ficken“, „scheißen“ und „kotzen“ schreibt, ist er noch lange kein guter Underground-Dichter!
Bukowski war herzlich, war authentisch, war einfach großartig. Die Affen, die denken, dass sie genauso gut sind, sollten einfach mal ein Jahr seines Lebens nachleben. Danach können sie meinetwegen weiterschreiben. Aber dann werden sie eh aufgegeben haben.
Und der Mainstream: ich lese gerne Stephen King oder John Irving. Ich find die gut, kann in die Bücher eintauchen und fühle mich grandios unterhalten. Nur weil sie Millionen-Seller sind müssen die doch nicht schlecht sein!
Ich scheiß auf die Schubladen und oben oder unten ist mir ziemlich egal.
Hauptsache Feeling!
Das gilt für Musik, Literatur und Filme (einer meiner Lieblingsfilme ist die „Love Story“ – los: steinigt mich!).


Ich glaube, es gibt eh viel zu viel Musik und Songs. Ich blick nicht mehr durch. Und natürlich ist da massig geklaut. Bei so vielen Liedern und Melodien muss sich das schon rein mathematisch wiederholen, geht gar nicht anders. Und Komponisten haben irgendwann ne Melodie im Kopf, schreiben die auf, spielen den Song ein und entdecken vielleicht Monate später, dass es eigentlich von einem völlig anderen Song geklaut ist.
Ist mir damals ähnlich ergangen. Wir spielten mit unserer Band nen Song ein und erst Monate später bei ner Session entdeckten wir, dass die Akkorde genau wie „Halt dich an deiner Liebe fest“ von TonSteineScherben klangen. Wir machten uns dann einen Spaß daraus und packten den Scherben-Song als Cover-Version in den Mittelteil des Liedes rein. Wir hatten zum Glück nie nennenswerten Erfolg. Und damit auch keinen Urheberrechtsstreit.


Es ist Frühling. Mit voller Wucht.
Also ist Gartenarbeit angesagt. Und auf der Terrasse sonnen. Und Fenster putzen. Und Wintersachen wegräumen und dafür die Sommersachen wieder rauskramen.
Und unser obligatorischer Ausflug ans Meer. Zandvoort war am Samstag schon ziemlich überlaufen, das war uns egal. Strand, Sonne und Meer gaben Kraft und wir tankten für den Alltag auf. Auch wenn der Aufwand eigentlich völlig bescheuert ist, das lohnt auf alle Fälle.
Natürlich bleibt da die Schreiberei etwas auf der Strecke. Egal. Ich kann mir den Luxus leisten, ohne Zeitdruck nur dann zu tippen, wenn ich Bock drauf habe, mir was einfällt und ich die Ruhe dafür finde. Und wenn mir nichts Besonderes einfällt, dann halt so was wie dies hier.
Klingt alles sehr entspannt und beneidenswert, aber glaubt mir, ihr würdet nicht mit mir tauschen wollen.
Obwohl, im Moment scheint alles okay zu sein und gut zu laufen. Ich will nicht klagen (können kann ich immer).


Diese Nächte am Schreibtisch!
„Alter Schriftsteller zieht sich einen Pulli über, setzt sich hin, stiert auf den Monitor und schreibt über das Leben. Geht’s noch ein bisschen heiliger?“
Charles Bukowski. Zitieren ist erlaubt. Finde ich gut. Nachmachen und kopieren ist absoluter Bullshit. Siehe oben.


Die nächste Zigarette. Jazz über die Ohrknöpfe: Curtis Stigers. Nachts darf man das. Tagsüber besser nicht.
Ein Essener Arsch (einer der besten deutschen Dichter by the way…) heitert mich mit bösartigen Facebook-Kommentaren auf (ich mag diesen Skinhead, ich mag ihn wirklich!), ein Bochumer Kollege chattet kurz mit mir, bevor wir beide weiter unseren eigenen Tippereien nachgehen (seine sind wahrscheinlich durchdachter, als meine… Ich befürchte, sie sind sogar besser formuliert... Ich mag diesen Gothic-Schelm (der diese Bezeichnung überhaupt nicht mag, sie stimmt auch nicht…)).
Ich denk an meine Freunde und Freundinnen, die ich in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt habe. Sorry: das Leben, die Liebe, der Alltag.
Ich gucke in ein VfL Bochum Forum, bekomme schlechte Laune und switche zurück zu Facebook.


Noch eine Woche, dann ist es soweit:

Gimme more truth:

Hermann Borgerding
Alleine und ohne Sicherheitsgurt

Hermann Borgerding liest aus seinem Roman „Ausgehöhlt“ und seinem Gedichtband „Mein Mittelfinger dem Krebs“.
Texte über den Krebs, das Leben, Vergänglichkeiten und Hoffnungen, irgendwo zwischen Rock-Rebellion, Blues und Ballade:

Ein alter, müder Mann. Sichtbar behindert. Zerbrechlich und dünn, als würde der kleinste Windhauch ihn umwerfen. Schwer gezeichnet im faltigen und narbigen Gesicht. Am Hals zwei dicke Narben, als käme er aus einem Western und wäre gerade vom Galgen abgeschnitten worden. Wenn er spricht, dann sabbert er und lispelt. Seine Anstrengungen sind nicht zu übersehen. Das Taschentuch vor dem Mund eines seiner Markenzeichen.
Und trotzdem sprüht das Leben aus seinen Augen. Trotzdem bemerkt man die Kraft und Lebenslust. Und wenn Ihr ihn zum Lächeln bringt, dann entsteht da eine spürbare Wärme.
Und Ihr hört aufmerksam zu, taucht in seine Worte und fühlt mit.

Das Leben ist scheiße. Das Leben ist wunderbar.

Hermann Borgerding bringt dies in seinen Gedichten, Texten und Blogs rüber.
Oder er versucht es. Und gewinnt in seinem Scheitern.
Er weiß nicht, ob er was zu sagen hat. Es ist ihm auch egal. Aber er sagt es, ehrlich und schonungslos.

Mit „Gimme more truth“ entwickelt sich eine Veranstaltungsreihe in der „Bastion“ in Bochum. Unabhängige  Autoren und Autorinnen präsentieren sich und ihre Texte im kleinsten (und schönsten) Kinosaal Bochums. Nach den Auftritten von Klaus Märkert, Kersten Flenter und Hermann Borgerding eröffnet Borgerding nun die Lesereihe Solo, bevor er im ungefähren 8-Wochen-Rhythmus andere Schreiberlinge die Worte tanzen lässt.

Mittwoch, den 04.04.2012, Einlass 19.00 Uhr

[no-budget-arts] Bastion
Karl-Lange-Straße 53
44791 Bochum

Jau. Ich freu mich. Ich bin nervös. Mittlerweile habe ich ja viele Lesungen hinter mir. Aber ich war nie alleine und die KollegInnen neben mir gaben mir immer Kraft und Stärke und ich konnte auch allen möglichen Scheiß auf sie abwälzen. Jetzt bin da ich und nur ich am Mikro (vielleicht mit meiner Gitarre an meiner Seite, aber ich habe ja noch eine Woche Zeit, zu überlegen…).
Ich habe keinerlei Ahnung, hoffe aber, dass der wunderbare Kinosaal voll wird. Und hoffe auf ein nettes Publikum. Einfach mal antesten. Ich zähle auf Euch!


Diese Nächte am Computer!
Bevor ich mich noch eine weitere Nacht hiermit beschäftige, setze ich das jetzt einfach mal in meinen Blog.
Mein nächster Post wird übrigens der 100ste. Jubiläum. Grund zum Feiern.
Ich versuche mal, mir was einfallen zu lassen…
Gute Nacht!



Dienstag, 20. März 2012


Gimme more truth:

Hermann Borgerding
Alleine und ohne Sicherheitsgurt

Hermann Borgerding liest aus seinem Roman „Ausgehöhlt“ und seinem Gedichtband „Mein Mittelfinger dem Krebs“.
Texte über den Krebs, das Leben, Vergänglichkeiten und Hoffnungen, irgendwo zwischen Rock-Rebellion, Blues und Ballade:

Ein alter, müder Mann. Sichtbar behindert. Zerbrechlich und dünn, als würde der kleinste Windhauch ihn umwerfen. Schwer gezeichnet im faltigen und narbigen Gesicht. Am Hals zwei dicke Narben, als käme er aus einem Western und wäre gerade vom Galgen abgeschnitten worden. Wenn er spricht, dann sabbert er und lispelt. Seine Anstrengungen sind nicht zu übersehen. Das Taschentuch vor dem Mund eines seiner Markenzeichen.
Und trotzdem sprüht das Leben aus seinen Augen. Trotzdem bemerkt man die Kraft und Lebenslust. Und wenn Ihr ihn zum Lächeln bringt, dann entsteht da eine spürbare Wärme.
Und Ihr hört aufmerksam zu, taucht in seine Worte und fühlt mit.

Das Leben ist scheiße. Das Leben ist wunderbar.

Hermann Borgerding bringt dies in seinen Gedichten, Texten und Blogs rüber.
Oder er versucht es. Und gewinnt in seinem Scheitern.
Er weiß nicht, ob er was zu sagen hat. Es ist ihm auch egal. Aber er sagt es, ehrlich und schonungslos.

Mit „Gimme more truth“ entwickelt sich eine Veranstaltungsreihe in der „Bastion“ in Bochum. Unabhängige  Autoren und Autorinnen präsentieren sich und ihre Texte im kleinsten (und schönsten) Kinosaal Bochums. Nach den Auftritten von Klaus Märkert, Kersten Flenter und Hermann Borgerding eröffnet Borgerding nun die Lesereihe Solo, bevor er im ungefähren 8-Wochen-Rhythmus andere Schreiberlinge die Worte tanzen lässt.

Mittwoch, den 04.04.2012, Einlass 19.00 Uhr

[no-budget-arts] Bastion
Karl-Lange-Straße 53
44791 Bochum

Montag, 19. März 2012

Leipzig. Merseburger Straße.


Leipzig. Merseburger Straße. Fälschlicherweise (bin ja auch Ausländer) habe ich das als Lindenau bezeichnet, dabei ist das wohl eher Plagwitz. Eigentlich auch egal. Ein äußerst liebenswerter Stadtteil, mit leichtem Schmuddelcharme (das ist jetzt Ruhrpottüberheblichkeit), netten Kneipen und kleinen Läden. Kopfsteinpflaster und sehr breite Straßen. Alles ziemlich ruhig, obwohl die Leipziger behaupteten, dass gerade zur Buchmesse es sehr trubelig wäre. Häuserreihen, die nicht zu hoch ragen und einfach nett und schön wirken. Das ist der Leipziger Westen. Und spätestens seit Extrabreit wissen wir ja: Im Westen ist s am besten!
Ich bin zuversichtlich, treffe ich doch auf der Straße Volly Tanner, einen wunderbaren Menschen, der im Quartiersmanagement Leipziger Westen auch ein wachsames Auge auf diesen Stadtteil richtet. Und dabei die Kultur und die Menschlichkeit mit Sicherheit im Auge behält (zweimal „Auge“ – ich bin  noch zu platt für anspruchsvolle Formulierungen). Aber ich muss da auch vorsichtig sein, habe ich doch keinen Schimmer davon, was wirklich in Leipzig abläuft (ich weiß ja nicht mal, was in meiner Heimat Bochum passiert…).
Mir gefällt Leipzig soweit.

Der Leipziger Rhein (ich könnte ja jetzt nachgucken, wie der Fluss oder der Kanal heißt, der da fließt, ist mir aber egal…) bietet so was wie die grüne Lunge der Stadt. Soweit ich das überblicken kann. Sieht schon schön aus, ist mir aber n bisschen wenig Natur (Remember: Ruhrpottüberheblichkeit). Straßenbahnfahrten habe ich zur Büchermesse hin und zurück genießen müssen. Und es war der Horror: übervoll und ruckelig und stickig. Natürlich ist das bei uns im Pott auch nicht anders, aber da kann ich dem meistens entgehen und mit unserem Auto fahren oder zu Hause bleiben.

Sonst sehe ich nicht viel von Leipzig. Ich bin nur zwei Tage da und habe volles Programm. Die geschichtlichen Denkmäler und Touri-Attraktionen bleiben mir bis aufs Messegelände erspart. Von einer früheren Lesung kenne ich allerdings noch die wunderschöne Moritzbastei und das abgefahrene Flower-Power.
Das Messegelände ist ein Messegelände. Und die Messe ist eine Messe. Also rappelvoll. Und für Besucher eigentlich wenig erbauend, bis auf ein paar Lichtblicke und Lesungen eben nur Gewusel. Und warm und stickig und anstrengend. Ein irritierender aber netter Lichtblick sind die Manga-Freaks und Emos, allerdings wirken einige der Kids einfach nur billig. Da können die sich noch einiges von den Grufties lernen. Denke ich. Die Leipziger Autorin Nicky Fee macht den Messebesuch erträglich und nett, die Lesung von Oliver Uschmann ist witzig, mehr kann ich da nicht berichten.

In der Merseburger Straße befindet sich die Verlagsbuchhandlung der Edition PaperOne. Und es lohnt sich wirklich, dort reinzuschauen: tolle Bücher, liebevoll in Regalen angeordnet, an den Wänden Bilder der Autoren des Verlags und eine einladende Sitzecke, wo man sich niederlassen kann und (wenn sie Zeit haben) den Verlegern der Edition quatschen kann. Ein Wohnzimmer zum Wohlfühlen im besten Sinne des Wortes.
Wenn Ihr in Leipzig seid und da vorbeischaut, dann achtet auf die Veranstaltungen in der Edition PaperOne! Lohnt sich auf alle Fälle!
Die drei Verlagsbetreiber machen die Edition PaperOne aus und mit vollstem Herzen. Sie glauben an die Bücher, die sie herausbringen und sie haben Spaß an der Sache. Viel Geld verdienen kann man so nicht, also müssen alle drei weiterhin der Lohnarbeit nachgehen, sind der Sklaverei ausgesetzt. Aber sie haben die Freiheit, selber zu entscheiden sich zu großem Druck zu widersetzen und genießen das. Und im harten Verlagsgeschäft sind in fünf Jahren schon viele Verlage untergegangen – die Edition PaperOne nicht: sie lebt!
Zusätzlich zur Edition haben die drei noch ihre eigenen Projekte. Ihre Lesebühnen, ihre Fotografien, ihre eigene Literatur. Und alles, was sonst noch zum Leben gehört.  Es ist mir völlig unbegreiflich, wie man all das unter einem Hut kriegen kann. Leben auf der Überholspur. Aber Hauke von Grimm, Michael Schwessinger und Oliver Baglieri wirken zufrieden. Sie lieben ihren Verlag und sind berechtigterweise stolz auf das, was sie aufgebaut haben. Und ich kann nur Daumen drücken. Und froh darüber sein, als Autor irgendwie zur Familie dazu zu gehören.

Ach, ich könnte schwärmen! Ich werde äußerst liebevoll aufgenommen, spüre Wärme und so was wie Seelenverwandtschaft. Schön.
Michael und Olli kamen erst einen Tag vorher aus Äthiopien zurück. Jet-Lag und die Strapazen der Reise würden mich mindestens eine Woche aus Gefecht setzen, aber Michael und Olli waren pünktlich zur Buchmesse wieder zurück und begleiten die vielen Veranstaltungen des Verlags. Und arbeiten und feiern. Und Michael stellt mir über alle Maßen gastfreundlich seine schöne Dachwohnung zur Verfügung. Und Hauke verhält sich wie mein persönlicher Bodyguard. Der große Mann mit dem Riesenherz erkundigt sich andauernd, ob mit mir alles in Ordnung ist und ob er mir irgendwie helfen könne, dabei genieße ich nur und fühle mich wohl (und versuche einen Hustenanfall zu unterbinden…).
Ich denke, die Chemie stimmt einfach. Und dann hat man zusammen Spaß. Und dann ist das schon klasse.

Die Lesungen in der Edition PaperOne sind dann erfolgreich und eine runde Sache. Ich schätze, ich kann zufrieden sein. Der Laden ist jeweils gut gefüllt und ich habe den Eindruck, dass die Zuhörer sich wohl fühlen und von den Lesungen angetan sind. Insbesondere die Lesenacht in der Verlagsbuchhandlung ist toll und präsentiert die Vielfältigkeit des Verlagsprogramms. Völlig ungeplant (die Bücher wollte ich gar nicht kaufen) und überraschend begeistern mich zwei Autoren dabei besonders:
Diane Hielscher hat einen Reisebericht über Russland geschrieben. Langweilig, dachte ich vorab, da ich keinerlei Bezug zu Reiseberichten habe. Was die Journalistin und Bloggerin dann vorträgt haut mich um. Witzig, persönlich und aus der Sicht einer offenen und begleitenden Frau, die nicht überheblich, sondern neugierig auf die Menschen zugeht. Äußerst spannend und unterhaltsam. Das Buch liegt auf meinem Schreibtisch und ich hoffe (und bin da ziemlich sicher), ich habe mich nicht nur von der klasse Lesung blenden lassen.
Dann Hannibal von Instetten. Klamauk dachte ich vorab. Witzig und eher Comedy. Sorry, aber meistens kann ich da nicht mitlachen. Die (viel zu kurze) nächtliche Lesung von Hannibal führt dazu, dass sein Buch dann auch auf dem eh schon zu dicken Stapel der Bücher landet, die ich kaufe. Die Lesung ist witzig, dabei aber auch abgefahren und spannend. Humor, der selbst mich begeistert. Und von Instetten ein sehr sympathischer Autor.

Ich schwafele und schwelge (Hey Uschmann – ich kann auch Alliterationen!). Also muss ich langsam mal zum Schluss kommen.

Baseballschläger, CS-Gas und andere Verteidigungsmittel habe ich nicht dabei. Die braucht man auch nicht in den Ecken Leipzigs, in denen ich mich aufhalte. Die meisten Menschen sind sehr freundlich und aufgeschlossen. Im Vergleich zum Ruhrpott wird in Leipzig wesentlich mehr geraucht und man trifft des Öfteren Menschen mit einer Bierflasche auf der Straße an. Das finde ich gut.

Nochmals ne herzliche Umarmung an Olli, Michael und Hauke!
Und auf ein baldiges Wiedersehen!

Jetzt gilt es, meine müden Knochen zu pflegen und mich von meiner Frau verwöhnen und lieben zu lassen. Sie war das Einzige (okay, auch noch unsere Hündin und meine Freunde), was mir dort fehlte. Am schönsten is ja doch zu Hause, woll…